
Rückzahlungsklauseln in Fortbildungsvereinbarungen sind ein sensibles Thema im Arbeitsrecht. Sie können Arbeitnehmer über Jahre an den Arbeitgeber binden – oder im schlimmsten Fall unwirksam sein. Dieser Beitrag erklärt, unter welchen Voraussetzungen eine Rückzahlung von Fortbildungskosten zulässig ist, welche Grenzen § 5 und § 12 BBiG ziehen und wie die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur Rückzahlung von Studiengebühren (NZA 2002, 1396) einzuordnen ist.
Rechtlich muss klar zwischen Fortbildungsmaßnahmen im bestehenden Arbeitsverhältnis und der Berufsausbildung nach dem BBiG unterschieden werden. Während Arbeitnehmer grundsätzlich eine Vereinbarung über die Rückzahlung von Fortbildungskosten treffen können, unterliegt der Auszubildende besonderen Schutzvorschriften.
§ 5 BBiG verbietet, dem Auszubildenden Kosten der Ausbildung aufzuerlegen, und § 12 BBiG untersagt nachvertragliche Bindungen, die seine Berufsfreiheit einschränken.
Für Arbeitnehmer gelten dagegen die allgemeinen Grundsätze der Vertragsfreiheit, eingeschränkt durch das Transparenzgebot und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Hier finden Sie weitere Informationen zu den rechtlichen Grundlagen bei Beendigung von Arbeitsverhältnissen.
Eine Rückzahlungsklausel ist nur wirksam, wenn sie klar, transparent und verhältnismäßig ist. Sie muss bereits vor Beginn der Fortbildung vereinbart werden und genau beziffern, welche Kosten im Falle einer Eigenkündigung zurückzuzahlen sind. Pauschale Formulierungen wie „sämtliche Fortbildungskosten“ genügen nicht.
Fehlt die Transparenz oder werden unzulässige Fälle einbezogen, ist die Klausel unwirksam. Mehr zu den Folgen fehlerhafter Vertragsklauseln lesen Sie im Beitrag „Checkliste zum Arbeitsvertrag“.
Die Bindungsdauer muss im Verhältnis zur Dauer und zu den Kosten der Fortbildung stehen. Die Rechtsprechung hat folgende Orientierungswerte entwickelt:
Diese Staffelung ist kein Gesetz, sondern ergibt sich aus der Abwägung zwischen dem Interesse des Arbeitgebers an Refinanzierung und dem Grundrecht des Arbeitnehmers auf freie Arbeitsplatzwahl (Art. 12 GG).
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Eine Rückzahlung darf nicht verlangt werden, wenn der Arbeitnehmer die Fortbildung nicht nutzen kann, weil der Arbeitgeber kündigt oder der Arbeitnehmer krankheitsbedingt ausscheidet. Auch betriebsbedingte Gründe (z. B. Standortschließung) schließen eine Rückzahlungspflicht aus.
Arbeitnehmer sollten bei jeder Eigenkündigung prüfen, ob ein Rückzahlungstatbestand tatsächlich greift. Im Zweifel hilft die kostenlose Hotline von Abfindung4u.
Im Ausbildungsverhältnis gelten strengere Regeln: Nach § 5 BBiG darf der Auszubildende keine Ausbildungskosten tragen, die dem Ausbildenden entstehen. Rückzahlungspflichten sind daher nur ausnahmsweise zulässig, wenn der Ausbildende nicht gesetzlich verpflichtete Kosten übernimmt – etwa Studiengebühren an einer privaten Berufsakademie.
§ 12 BBiG schützt zusätzlich vor nachvertraglichen Bindungen. Eine „Bleibeverpflichtung“ nach Ende der Ausbildung ist unzulässig, es sei denn, sie wird in den letzten sechs Monaten vor Ausbildungsende ausdrücklich und freiwillig vereinbart.
Das Ausbildungsverhältnis endet automatisch mit Ablauf der vereinbarten Ausbildungszeit (§ 21 BBiG), auch wenn die Abschlussprüfung erst später stattfindet. Nur auf ausdrückliches Verlangen des Auszubildenden kann eine Verlängerung erfolgen (§ 8 BBiG).
Weitere Informationen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Ausbildung finden Sie im Beitrag „Urlaubsabgeltung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses“.
Das BAG hatte in seiner Entscheidung (NZA 2002, 1396) über einen dualen Ausbildungsgang zum Betriebswirt (BA) zu urteilen. Der Arbeitgeber hatte Studiengebühren für eine private Berufsakademie übernommen und im Gegenzug eine zweijährige Bindung nach Abschluss vorgesehen.
Das Gericht sah diese Bindung als zulässig an, da die Ausbildung über drei Jahre dauerte und die Arbeitnehmerin einen erheblichen geldwerten Vorteil erlangte. § 5 BBiG war nicht verletzt, weil die Studienkosten nicht Teil der betrieblichen Ausbildung, sondern des schulischen Anteils waren.
Damit gilt: Rückzahlungspflichten sind nur dann erlaubt, wenn sie keine unzumutbare Beschränkung der Berufsfreiheit bewirken und der Arbeitnehmer eine echte Zusatzqualifikation erhält.
Vertiefte Einblicke in ähnliche Konstellationen bietet der Beitrag „Fortbildung mit Rückzahlungsvereinbarung“.
Wer sich unsicher ist, kann die Vereinbarung vor Unterzeichnung anwaltlich prüfen lassen. Ein erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht in Augsburg oder bundesweit hilft dabei, unfaire Bindungen zu erkennen und zu vermeiden.
Rückzahlungsklauseln sind rechtlich nur in engen Grenzen wirksam. Arbeitnehmer sollten sie stets kritisch prüfen, bevor sie eine Fortbildungsvereinbarung unterschreiben. Arbeitgeber wiederum sollten Musterverträge regelmäßig aktualisieren, um teure Streitigkeiten zu vermeiden.
Bei drohender Rückforderung von Fortbildungskosten nach Kündigung ist schnelles Handeln wichtig – insbesondere, wenn eine Klage überlegt wird. Mehr über das Verfahren vor dem Arbeitsgericht und die Kosten erfahren Sie im Kostenrechner Arbeitsrecht.
Sie haben Fragen zu einer Rückzahlungsklausel oder möchten wissen, ob Ihre Fortbildungsvereinbarung wirksam ist? Rufen Sie uns an oder nutzen Sie die kostenlose Anwaltshotline von Abfindung4u.
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