Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot (nWBV) im Arbeitsrecht soll verhindern, dass ausgeschiedene Mitarbeiter unmittelbar in Konkurrenz zum ehemaligen Arbeitgeber treten. Solche Regelungen sind jedoch nur unter engen gesetzlichen Voraussetzungen wirksam. Dieser Beitrag bietet einen aktuellen Ăśberblick, auch im Lichte der Entscheidung des BGH vom 23.04.2024 (II ZR 99/22).
Für Arbeitnehmer gelten die §§ 74 ff. HGB analog gemäß § 110 GewO. Das Verbot muss schriftlich vereinbart werden, die Regelungen müssen dem Arbeitnehmer als Urkunde ausgehändigt werden. Auch bei GmbH-Geschäftsführern ist eine ausdrückliche Vereinbarung erforderlich, wobei die §§ 74 ff. HGB auf sie nicht direkt anwendbar sind (BGHZ 91, 1). Stattdessen ist der Maßstab hier § 138 BGB (Sittenwidrigkeit).
Wettbewerbsverbote mĂĽssen dem Schutz berechtigter Interessen des Arbeitgebers dienen, z. B. dem Schutz von Betriebsgeheimnissen oder der Kundenbindung (BAG NJW 1996, 1364). Das bloĂźe Interesse an Konkurrenzvermeidung reicht nicht aus.
FĂĽr Arbeitnehmer sind folgende Voraussetzungen zwingend:
Zur Karenzentschädigung zählen bei der Berechnung auch Sachbezug, Gratifikationen und variable Vergütung (BAG, Urteil vom 22. 10. 2008 - 10 AZR 360/08). Eine unzureichende Karenzentschädigung macht das Verbot unverbindlich, nicht aber nichtig. Der Arbeitnehmer kann wählen, ob er sich daran hält (mit Entschädigung) oder nicht (BAG 15.01.2014 – 10 AZR 243/13).
Fehlt die Karenzentschädigung ganz, ist das Verbot nichtig (BAG, 22.03.2017 - 10 AZR 448/15).
Ist das Wettbewerbsverbot in Arbeitsverträgen zu weit gefasst (z. B. zu langer Zeitraum, zu weiter geografischer Geltungsbereich), wird es auf das rechtlich zulässige Maß reduziert (§ 74a HGB). Dies nennt man geltungserhaltende Reduktion.
Bei Geschäftsführern gilt das nicht. Der BGH lehnt die geltungserhaltende Reduktion nach § 74a HGB ab, weil das Verbot sonst durch Gerichte umgestaltet werden müsste – was mit § 138 BGB unvereinbar wäre (BGH, 23.04.2024 - II ZR 99/22).
Ein Wettbewerbsverbot gegenüber einem GmbH-Geschäftsführer muss nach Ort, Zeit und Gegenstand angemessen sein und ein berechtigtes Interesse der Gesellschaft wahren. Es darf die wirtschaftliche Betätigung nicht unbillig erschweren.
Die Karenzentschädigung ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung, wird aber zur Bewertung der Zumutbarkeit herangezogen. Das hat der BGH in seiner Entscheidung vom 23.04.2024 ausdrücklich bestätigt (II ZR 99/22).
Der BGH hat nun auch erstmals klargestellt, dass eine vertragliche Regelung, wonach bei Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot die Karenzentschädigung auch rückwirkend entfällt, wirksam ist. Dies gelte auch dann, wenn die Gesellschaft den Anspruch nicht aktiv einfordert (BGH Urteil vom 23.4.2024 – II ZR 99/22).
Diese Rechtsprechung steht in Kontrast zum Arbeitsrecht, wo der Entfall der Entschädigung nur für den Zeitraum des Verstoßes gilt (BAG – 10 AZR 260/14).
Wettbewerbsverbote müssen sich klar auf konkrete Unternehmen oder Tätigkeitsbereiche beziehen. Ein pauschales Verbot jeder Tätigkeit in einer Branche oder für nicht konkret benannte Konzernunternehmen ist kritisch.
In der Praxis haben sich Mandantenschutzklauseln bewährt, die nur bestimmte Kundenbeziehungen betreffen. Diese schänken den Arbeitnehmer oder Geschäftsführer weniger ein und gelten als zulässiger Eingriff in Art. 12 GG (BAG, 01.08.1995 - 9 AZR 884/93).
Auch wenn die §§ 74 ff. HGB nicht direkt anwendbar sind, müssen Wettbewerbsverbote in Form von AGB bei GmbH-Geschäftsführern die Transparenzanforderungen des § 307 BGB erfüllen. Unerwartete Klauseln (z. B. Totalverbote ohne Karenz) sind dann unwirksam. Die Anwendung der AGB-Kontrolle im Einzelfall bleibt jedoch umstritten.
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